Schöne neue Welt: Die Flüchtlingssituation in deutschen Kommunen durch die rosarote Brille gesehen

Mit Wahrnehmungen ist das bekannter Maßen so eine Sache. Da ist es ja schon mal ganz normal, dass Selbst- und Fremdwahrnehmung nicht so ganz deckungsgleich sind. Eine Meldung im Spiegel online in diesen Tagen hat mir schon beim Lesen der Überschrift – bildlich gesprochen – die Schuhe ausgezogen.

Da weiß seit Wochen und Monaten so manche deutsche Kommune weder ein noch aus und vor allem kaum noch wohin mit den stetig mehr werdenden Flüchtlingen, da stellt der Uno-Flüchtlingskommissar der deutschen Asylpolitik ein Super-Zeugnis aus und findet alles vorbildlich.

„Deutschland spielt eine führende Rolle beim Flüchtlingsschutz und dient als positives Beispiel, dem andere europäische Staaten folgen können.“ Was denn? Ohnmächtige und überforderte Kommunen? Zum Bersten und bis an die Dachrinne überfüllte Heime? Unzumutbare und unhaltbare soziale und ethnische Zustände? Provisorische Zeltstädte, die mit Zeltlagerromantik und Lagerfeuer aber auch nichts gemein haben? Wie Waben sich in die Fläche und Höhe ausbreitende Containerdörfer? Hotelunterbringung? Fehlende Kita- und Schulplätze? Mangelnde oder überlaufende Anlauf-, Beratungs- und Vermittlungsstellen? Wie denn jetzt? Schöne neue (verkehrte) Welt? Aldous Huxley lässt grüßen – oder was?

Es ist ja nicht so, dass die Kommunen per se unwillig sind und die Augen vor der Realität verschließen. Sie sind, so erlebe ich es in Köln, sogar sehr bereit und bemüht, Abhilfe zu schaffen; jedoch angesichts der massenhaften Situation und verschiedener Rahmenbedingungen nur eingeschränkt fähig, den Zuständen aus eigener Kraft zügig  Herr zu werden.

Mark Twain wird das Zitat zugesprochen „Als wir das Ziel aus den Augen verloren, verdoppelten wir unsere Anstrengungen.“ Unser Ziel kann es nicht sein, Flüchtlinge abzuschrecken, sich selbst zu überlassen, keinen Anteil an ihrer Situation zu nehmen, sie nicht anzuerkennen, ankommen zu lassen oder willkommen zu heißen. Die Würde jedes Menschen ist unantastbar und gilt es zu bewahren – das gilt erst recht und gerade für Flüchtlinge.

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