Migrations-/Flüchtlingspolitik – Hoffnungsvolle Zeichen verstärkten Hinsehens und zivilgesellschaftlicher Solidarität

Bekanntlich soll man ja nicht undankbar sein. Dann will ich es als gutes Zeichen werten, dass die amtierende EU-Kommission das Thema Migration nicht nur zu ihren politischen Prioritäten erklärt, sondern mit der „Europäischen Migrationsagenda“ auch im wahrsten Sinne des Wortes auf die Tagesordnung gesetzt hat. Nein, das wird kein zynischer Beitrag. Ich bin weit davon entfernt und dazu ist das Thema viel zu ernst. Denn es geht um nichts anderes als Menschen und ihr Leben. Zwei Dinge, die per se oberste Priorität haben.

Und ich will es durchaus als hoffnungsvolles Zeichen deuten, dass die Europäische Kommission nur zwei Wochen nach Annahme der Europäischen Migrationsagenda Vorschläge zu deren Umsetzung veröffentlicht hat. Erweckt dies doch den Eindruck der Ernsthaftigkeit, das unnötige Sterben hunderter, tausender Menschen anzugehen, auch angesichts einer längst überfälligen Solidarität und Entlastung derjenigen europäischen Mittelmeerstaaten gegenüber, die schon seit langem vor dem Ansturm und der menschlichen Katastrophe, die sich an ihren Küsten abspielen, Unterstützung eingefordert hatten.

Im Mittelpunkt steht die Umverteilung von Flüchtlingen zwischen den Mitgliedstaaten. So sollen in den kommenden beiden Jahren 40.000 Menschen schwerpunktmäßig aus Italien und Griechenland auf andere EU-Länder verteilt werden. Syrer und Eritreer, die ohne Frage internationalen Schutz benötigen, sollen “notumgesiedelt” werden. Darüber hinaus sollen in den kommenden beiden Jahren weitere 20.000 Flüchtlinge von außerhalb der EU aufgenommen und ebenfalls verteilt werden.

Der Maßstab für die Aufteilung soll ein „gerechter“ sein und sich an Indikatoren wie die Bevölkerungsgröße, das Gesamt-Bruttoinlandsprodukt, die Zahl der in den letzten fünf Jahren angenommenen Asylanträge und bereitgestellten Neuansiedlungsplätze sowie die Arbeitslosenquote orientieren. Nach diesem Verteilungsschlüssel entfiele auf Deutschland mit rd. 8.760 Menschen aus Italien und Griechenland die höchste Zahl.

Die Kriterien für eine gerechte Aufteilung mögen noch so richtig, noch so sachlich und noch so logisch sein und auch diese Pläne finden naturgemäß Befürworter und Gegner. Es gelingt uns jedoch einfach nicht, dass Thema in der notwendigen Ruhe und mit Bedacht vernünftig und der Situation aller Beteiligten angemessen zu diskutieren. Mit Verständnis, Gerechtigkeit oder Menschlichkeit hat das nichts zu tun, was hinter den Bildern in diesen Tagen im Zusammenhang mit den öffentlichen Tumulten an den Asylbewerberunterkünften und den Brandanschlägen im sächsischen Freital oder Meißen steckt. Vernunft, Anteilnahme und Empathie mit Menschen in Not spielen dabei offensichtlich noch nicht einmal eine untergeordnete Rolle.

Um wie viel beeindruckender war und ist dagegen das, was sich in den betroffenen Städten als Zeichen der Solidarität mit den Asylbewerbern und Flüchtlingen entwickelt hat, oder was in Köln vor gut vier Wochen mit der in ihrer Dringlichkeit und in ihrem leidenschaftlichen Appell zur Solidarität mit Flüchtlingen unter die Haut gehende Aktion des Erzbistums Köln unter Kardinal Rainer Maria Woelki stattfand, als 23.000 Glockenschläge ertönten.

Jeder Glockenschlag stand für einen Menschen, der auf seiner Flucht einen verzweifelten, einsamen und kalten Tod sowie sein nasses Grab auf dem Mittelmeer gefunden hatte.
Jeder Glockenschlag ein rührendes und anteilnehmendes Zeichen des Erinnerns, des Nichtvergessenseins, der Verbundenheit.
Jeder Glockenschlag einer zu viel.

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