Versuchter Totschlag an der Altenpflege

In der vergangenen Woche hat das Bundeskabinett von Frau Merkel den Entwurf zu einem neuen Pflegeberufsgesetz beschlossen. Bei aller gemeinsamen öffentlichen Euphorie von Politik und Berufsverbänden sage ich hier: „Das geht in die Hose!“ und habe dabei den Eindruck „einsamer Rufer“ zu sein.
Meiner Meinung nach wird nun aus den drei bewährten Berufen Alten-, Kranken- und Kinderpflege ein vermeintlich neues Berufsbild kreiert, tatsächlich aber vielmehr die Krankenpflegeausbildung überarbeitet, die beiden eigenständigen Berufsbilder der Altenpflege und Kinderpflege aber „getötet“. Praktisch ist dies das Ende der eigenständigen Altenpflege.
Caritas_Köln_376x264x4c Korrektur 1Mumps ist nicht Demenz und Scharlach nicht Depression: Krankheiten des Alters unterscheiden sich von denen eines Kindes. Und besondere Anforderungen an Umgang und Empathie zu den jeweiligen Lebensphasen eines Menschen sind auch nicht wegzureden. Es bleibt ein Unterschied ein krankes Kleinkind oder einen dementen Älteren zu betreuen.
Deshalb ist die bisher unterschiedliche Ausbildung des Personals absolut sinnvoll.
Seniorenministerin Manuela Schwesig (SPD) verkündet recht vollmundig: “Wir wollen den Pflegeberuf aufwerten und attraktiver machen. Die Reform der Pflegeausbildung ist dafür ein Meilenstein.”
Den Pflegeberufen die dringend notwendige Anerkennung und Wertigkeit zu geben, diese attraktiver zu machen, dazu braucht es keine neue Ausbildung, sondern
1. Eine bessere personelle Ausstattung in Krankenhäusern, Pflegediensten und Pflegeheimen – diese ist aber nur mit höheren Pflegesätzen und besseren Personalschlüsseln zu erreichen. Dies wäre mit der versprochenen Pflegereform (PSG 2) erreichbar, wird aber vom Gesetzgeber gar nicht ernsthaft verfolgt.
2. Eine bessere Bezahlung der Pflegekräfte – auch diese ist nur mit entsprechender Erhöhung der Pflegesätze und Pflegekassenleistungen zu erreichen. Diese ist in der angekündigten Pflegereform in dieser Form nicht vorgesehen und wird nicht über ein Ausbildungsgesetz erreicht. In der Pflege gelten die klassischen Arbeitsmarktgesetzte leider nicht: Seltenheit und Begehrtheit führt nicht zu besserer Bezahlung, da diese sich nicht alleine über das Angebot des Arbeitgebers oder der Tarifverträge regelt, sondern letztlich immer von der Finanzierung der öffentlichen Kassen abhängig bleibt.
Die beabsichtigte, ehrenwerte Aufwertung der “Ausbildung zweiter Klasse”, so der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach über die Altenpflege-Lehre, ist tatsächlich die Abschaffung dieser Ausbildung. Einer Ausbildung deren Absolventen am Arbeitsmarkt gefragt sind, die gerade auch guten Hauptschülern eine hervorragende Berufsperspektive bietet und einer Ausbildung, die der in Europa so auch nicht überall zu findenden Dienstleistungsstruktur entspricht. Am Ende ist das Ergebnis eine Krankenpflegeausbildung mit einem zusätzlichen Ausbildungsschwerpunkt „Altenpflege“. Oder halt der Totschlag einer bewährten und anerkannten Ausbildung. Ich bin der Überzeugung, dass man damit keinen zukunftsgerechten Weg geht.

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