„Irgendwo“ in Afrika …

Unsere Kollegin Emily Mlosch ist Projektmanagerin im Geschäftsfeld Teilhabe. Ihren Urlaub hat sie in Tansania verbracht und besuchte vor Ort eine Werkstatt für Menschen mit Behinderung. Sie teilt mit uns ihre Erfahrungen, zieht Prallelen zur Arbeit hier vor Ort und regt zum Nachdenken an …  

Irgendwo in Afrika …

… um genau zu sein in Arusha, einer Stadt im Nordosten von Tansania, durfte ich im Oktober eine Werkstatt für Menschen mit Behinderung besuchen. „Be kind and recycle“ ist das Motto der Einrichtung „Shanga“, die mehr als 35 Menschen einen Arbeitsplatz bietet. Dort werden zum Beispiel Teppiche gewebt, Perlen aufgefädelt, Kleidungsstücke genäht und Gläser geblasen. Im Mittelpunkt steht die Kreativität und die daraus erzeugten Produkte werden im integrierten Laden verkauft. Im Prinzip so wie in unserem CariLädchen. Das Besondere: Für die Arbeiten werden bereits gebrauchte Materialien recycelt.

Zurück in Köln bin ich noch immer nachdenklich darüber, was das Team von Shanga mir in kurzer Zeit nachdrücklich vermittelt hat. Die Kunst des Nähens war es zur Belustigung einer Gruppe junger Frauen jedenfalls nicht 😊
Vielmehr habe ich verstanden, dass es keine gemeinsame Kultur oder Sprache benötigt, um an zwei nicht nur geografisch weit voneinander entfernten Orten auf der Welt die gleichen gesellschaftlichen und ökologischen Ziele zu formulieren – und sie zu leben. Dass die Menschen in Tansania bei der Umsetzung vor den größeren Herausforderungen stehen, muss ich nicht betonen.

 

Als ich mich dann heute Morgen, an meinem ersten Arbeitstag, innerlich wieder über den brummenden Berufsverkehr auf der Inneren Kanalstraße aufregte musste ich kurz innehalten und an eine Begegnung bei Shanga denken: Ein junger Mann erklärte mir auf einer spontan zwischen uns entwickelten Kommunikationsebene seine Aufgaben. Mich interessierte dann noch, wie sein täglicher Arbeitsweg aussieht. „Ein bis zwei Stunden, je nach Wetterlage – pro Fahrt. Im Rollstuhl und ohne Unterstützung“ – informierte mich sein Kollege. Er lächelte mich an und wir verglichen unsere Oberarmmuskeln. Als Reaktion auf mein verblüfftes Gesicht schob er noch „Pole, Pole“ hinterher, was auf Swahili so viel wie „immer mit der Ruhe“ bedeutet. Wir lachten.

Harald ist tot.

In Nippes war Harald (62) überall bekannt. Mit seinem Plüschtier „Bernie“ im Arm war er immer vor seiner Haustür anzutreffen.
Die Nachricht von seinem plötzlichen Tod im Krankenhaus hat seine Nachbarschaft in Nippes sehr bewegt. An seinem Wohnhaus ist eine kleine Gedenkstätte mit Blumen und Kerzen entstanden. Sogar ein Brief und eine Zigarre kleben an der Hauswand. Express und der Kölner Stadt-Anzeiger berichteten.

Auch Frank Schomaker und Roman Weyers, Leiter des Begleiteten Wohnens im Kölner Caritasverband, und seine Kolleg*innen trauern um ihn. 13 Jahre haben Schomaker und weitere Mitarbeitende Harald viermal in der Woche besucht und in lebenspraktischen Dingen unterstützt. Unzählige Gespräche gehörten dazu. Manchmal waren seine sozialen Kontakte Thema, und wie Reaktionen und alltägliche Erlebnisse richtig einzuordnen sind. Mit einer zusätzlichen Rechtlichen Betreuung des SKM zur Geldeinteilung, dem Pflegedienst und der hauswirtschaftlichen Unterstützung vom Caritasverband gelang es Harald, selbstständig in seiner eigenen Wohnung zu leben.
Auf dieses Ziel hatte er lange hingearbeitet. Vorausgegangen war eine Odyssee als Jugendlicher durch verschiedene Jugendhilfeeinrichtungen. Als Erwachsener lebte er viele Jahre im Caritas-Wohnhaus Gut Pisdorhof für Menschen mit geistiger Behinderung.

„Harald hatte Strahlkraft, er war ein absolut empathischer Mensch, der ohne Scheu auf die Menschen zugegangen ist und sie auf der Straße persönlich begrüßt hat. Manche haben sich auf ein Gespräch mit ihm eingelassen und so auch mal einen anderen Blick auf einen besonderen Menschen bekommen.“ beschreibt Schomaker seinen Klienten.

Meistens wird in der Begleitung eines Klienten nach ein paar Jahren intern gewechselt. Die Dauer von 13 Jahren, in denen Schomaker die Fachleistungsstunden bei Harald übernommen hat, sind eher die Ausnahme. „Eine professionelle Distanz zu wahren, ist wichtig, um wirklich gut helfen zu können“, sagt Schomaker. „Aber es geht ja immer um die direkte Arbeit mit Menschen, und natürlich entsteht eine Beziehung. Die Klient*innen wachsen mir und meinen Kolleg*innen auch ans Herz. Wenn jemand verstirbt, bedeutet das für uns ebenfalls Trauerarbeit und Loslassen. Haralds Tod hat mich und uns zum Nachdenken gebracht. Wir planen in unserem Team eine Abschiedsfeier für ihn“, erzählt Schomaker. „Im Caritasverband gibt es für uns Mitarbeitende den Kollegen Tim Schlotmann für Seelsorge. Mit ihm konnte ich über alles sprechen. Er wird den Abschied von Harald mitgestalten.“

Frank Schomaker (Foto links) leitet gemeinsam mit seinem Kollegen Roman Weyers (rechts) das Begleitete Wohnen (WiV) der Caritas.

Zurzeit werden 75 Personen von 18 bis rund 60 Jahre und sehr unterschiedlichem Hilfebedarf mit jeweils durchschnittlich drei Fachleistungsstunden in der Woche unterstützt. Im Team Begleitetes Wohnen arbeiten 21 Personen (Heilerziehungspfleger*innen, Sozialarbeiter*innen und studentische Mitarbeitende). Die Hilfe umfasst alltagspraktische Themen, aber auch Termine beim Amtsgericht, Begleitung zu Ärzt*innen und Gespräche zur „Psychohygiene“.
„Gemeinsam erstellen wir Hilfepläne und legen Ziele fest. Unsere Arbeit wird nie langweilig. Wie haben es schließlich mit sehr unterschiedlichen und besonderen Menschen und ihren ganz persönlichen Anliegen zu tun. Ich liebe an meiner Arbeit vor allem, dass sie so abwechslungsreich ist.“ meint Schomaker.

Weitere Informationen zum Begleiteten Wohnen der Caritas Köln gibt es unter diesem Link: https://shorturl.at/tX256

Marianne Jürgens/Leitung Öffentlichkeitsarbeit

Phantasialand – Verzichtserklärung statt Barrierefreiheit

Buntes RiesenradWie die meisten von uns, haben auch unsere Klientinnen und Klienten und alle anderen Menschen mit Behinderung große Freude an einem Besuch im Phantasialand in Brühl bei Köln. Dort gelten jetzt allerdings besondere Regelungen für „Menschen mit besonderen Einschränkungen“, die in einer Broschüre erläutert werden.

Gleich zu Beginn wird betont, dass gemäß einer geltenden DIN-Norm „ein Ausschluss von der Fahrt aufgrund von Gesundheits- oder Sicherheitsgründen nicht als Diskriminierung zählt“. Spätestens dann, wenn etwas so explizit erwähnt wird, sollte man meiner Meinung nach hellhörig werden. So wurden alle Fahrgeschäfte von einem Sachverständigenbüro darauf geprüft, für welche Behinderungsformen welche Nutzungsverbote auszusprechen sind und dass sich jeder mit dem Hinweis auf das „Selbstbestimmungsrecht“, durch eine Verzichtserklärung und eine Begleitperson, über dieses Verbot hinwegsetzen kann. Dazu ist es notwendig sich am Eingang an den Gästeservice zu wenden, dort seine Einschränkungen und seine Personalien darzulegen und die Nutzungs- und Verzichtsvereinbarung zu unterzeichnen. Mit dieser darf man dann über den normalen Eingang – unter Vorzeigen des Durchschlags – die jeweilige Attraktion nutzen. Weiterlesen

Kinderwunsch – Wunschkind: Ökumenische Woche für das Leben

In der diesjährigen „Woche für das Leben“ stellen die evangelische und die katholische Kirche verschiedene Veranstaltungen und Publikationen unter das Schwerpunktthema „Pränataldiagnostik“.

Als Mutter („Risikoschwangere“ mit 38 und 41 Jahren), als jemand mit 26 Jahren Erfahrung in der Arbeit mit Menschen mit Behinderungen, als Christ und einfach als Mensch, bewegt mich dieses Thema immer wieder. Ich kenne die Diskussionen um die Vorteile des medizinischen Fortschritts, um die Vermeidung von Leid, wenn Kinder mit Behinderungen ein „unwürdiges“ Leben erspart bleibt, um die Notwendigkeit, in dieser Gesellschaft leistungsfähig sein zu müssen und mithalten zu können.

Was mich dabei immer wieder am meisten erschüttert ist neben dem dahinterstehenden Menschenbild, dem fehlenden Zutrauen in das Leben und der Gleichsetzung von Behinderung mit Leid, dass Mütter und Familien sich so alleine gelassen fühlen, Beratung nie den Blick auf Chancen und Machbares und auf Entwicklung lenkt, sondern nur auf das was nicht geht, was zur Last wird und dass eigentlich alles immer nur noch schlimmer wird.

Schwanger sein als Zustand „guter Hoffnung“ wird immer mehr abgelöst vom einem Hochrisikozustand in andauernder Alarmbereitschaft.

Gleichzeitig wird die Debatte aus meiner Sicht zunehmend scheinheilig und teilweise absurd geführt: 9 von 10 Kindern mit der Diagnose Down Syndrom werden abgetrieben, ohne dass Eltern und Verantwortliche überhaupt wissen, wie die Behinderung tatsächlich ausgeprägt sein wird. Gleichzeitig werden in hochspezialisierten Kliniken Frühgeborene mit 600 Gramm Geburtsgewicht und der Gewissheit auf schwere Behinderung mit allen medizinischen Möglichkeiten am Leben gehalten.

Mit der UN-Behindertenrechtskonvention und dem neuen Bundesteilhabegesetz werden die Rechte von Menschen mit Behinderung gestärkt, ihr Wert für die Gesellschaft und ihre Gleichberechtigung an jeder Stelle betont und Inklusion als höchstes Gut und gesellschaftliches Muss propagiert.

Ist Leben somit erst nach der Geburt schützenswert?

Ist die Behinderung im Mutterleib der Garant für Leid und nach der Geburt der Mensch mit Behinderung eine Bereicherung für das Zusammenleben aller?

Wenn man sich jetzt noch darüber klar wird, dass 96 Prozent der Behinderungen erst im Laufe des Lebens erworben werden (vgl. Statistisches Bundesamt), wird die Frage noch viel schmerzhafter: Dann betrifft die Frage nach lebenswertem Leben nämlich nicht mehr nur die ungeborenen Kinder, sondern jeden von uns!

Es gibt kein Recht auf Gesundheit, auf Glück oder auf ein erfolgreiches Leben, aber eben auch kein Recht, eine solche Entscheidung für andere zu treffen.

Pränataldiagnostik kann helfen, dass bei bestimmten Diagnosen frühzeitige Therapien begonnen werden können, Ärzte und Eltern für die Geburt bestimmte Vorkehrungen treffen können und Eltern sich auf ihr besonders Kind vorbereiten können. Dazu bedarf es qualifizierter und lebensbejahender Beratung und keiner immer früher, einfacher und schneller einzusetzender Selektionsinstrumente.

Ich glaube nämlich ganz fest, dass jeder/jede so gewollt ist und dass es richtig ist, sich mit aller Kraft für die gleichberechtigte Teilhabe aller einzusetzen…

Und das nicht erst nach der Geburt!

Infos zur Themenwoche vom 14.-21.04.2018, zu Materialien und Veranstaltungen finden Sie hier:

Ein Gastbeitrag von Susanne Steltzer, Leitung Leistungsbereich Wohnen und Leben

Auf dem Weg zur Inklusion

Rund 60 Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 7 und 14 Jahren tummeln sich während „Ferien zu Hause“ in den Sommerferien im Kinder- und Jugendzentrum GOT Elsaßstraße. Die Kids haben die verschiedensten Hintergründe: Manche kommen aus dem Veedel, manche von weiter weg, einige sind in Köln geboren, andere haben eine Fluchtbiographie und sind grade erst in Köln angekommen. Als wir vor drei Jahren eine Kooperation mit der Lebenshilfe starteten, sodass auch Kinder und Jugendliche mit Behinderung bei „Ferien zu Hause“ teilnehmen konnten, wurde die Gruppe noch vielfältiger.

Natürlich musste das Ferienprogramm auf die speziellen Bedürfnisse angepasst werden, Ausflüge mussten verändert, oder Alternativen angeboten werden, Tagesabläufe anhand von Piktogrammen dargestellt werden, wir brauchten „Ruheräume“. Wir waren ja nun richtig inklusiv! Aber waren wir das auch? Nein, zugegebenermaßen am Anfang nicht. Es war ein Nebeneinander. Die Kinder mit Behinderung hatten zwar eine durch die Lebenshilfe organisierte 1:1 Betreuung und es fanden verschiedene Vortreffen statt, aber für viele Mitarbeitende der GOT war die Arbeit und der Umgang mit behinderten Kindern neu. Und ja, es gab Berührungsängste, das Gefühl etwas falsch machen zu können, sodass im ersten eigentlich „inklusiven Ferienprogramm“ ein Nebeneinander entstand. Die Lebenshilfe kümmerte sich um „ihre Kids“ und das GOT-Team kümmerte sich um „die anderen“.

Die 60 Kids schien das alles überhaupt nicht zu interessieren. Weiterlesen

Politik für alle

Susanne Steltzer, Leistungsbereichsleiterin Wohnen und Leben im Caritasverband Köln:

Wie vor jeder großen Wahl, fragt der CBP – der Bundesverband Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie e.V. – auch vor der anstehenden Bundestagswahl, ob die Parteien auch die Belange der Menschen mit Behinderungen im Blick haben und unterzieht ihre Programme einer Prüfung mit sieben sogenannten Wahlprüfsteinen:

1. Politische Teilhabe und Selbstbestimmung sichern
Menschen mit Behinderungen sind gleichberechtigte und wahlberechtigte Bürgerinnen und Bürger unseres Gemeinwesens.
Ihre politische Teilhabe und Selbstbestimmung ist zu fördern und sicherzustellen, gerade bei den Personen, die aufgrund ihrer Behinderung besondere Zugangsbarrieren bei der politischen Teilhabe zu überwinden haben.
Bestehende Diskriminierungen in den Wahlgesetzgebungen sind zu beseitigen. Wichtig ist jetzt den Ausschluss vom Wahlrecht nach § 13 Bundeswahlgesetz aufzuheben. Weiterlesen

Wenn der Rheinländer zum Migranten wird……..

Mittendrin und nicht nur dabei! Leben in den Caritas-Wohnhäusern!

Mittendrin und nicht nur dabei! Leben in den Caritas-Wohnhäusern!

In einer internen Datenanalyse hat der Landschaftsverband Rheinland erhoben, wie viele Menschen mit Herkunft aus dem Rheinland mit einem Leistungsbescheid/Bewilligungsbescheid in stationären Einrichtungen der Eingliederungshilfe außerhalb des Rheinlandes wohnen, weil in deren Heimat kein passendesstationäres Angebot zur Verfügung steht. Durchschnittlich sind jährlich ca. 3.300 Menschen außerhalb des Rheinlandes untergebracht, zumeist im Bereich Westfalen-Lippe oder den angrenzenden Bundesländern Rheinland-Pfalz und Hessen.
Also werden über 3000 Menschen aufgrund Ihrer Behinderung gezwungen, aus Ihrer Heimat abzuwandern, Kontakte zu Angehörigen oder Freunden zu verlieren und sich in einer fremden und unbekannten Umgebung einfinden zu müssen. Eigentlich ein Fall für einen Diskriminierungsbeauftragen!?
Das ist ein Missstand, über den in der Öffentlichkeit und Politik kaum einmal gesprochen wird. An anderer Stelle würde ein ähnlicher Umstand sicher Betroffenheit und Empörung hervorrufen. Warum wird dieser Umstand aber nun hier so hingenommen oder verschwiegen? Weiterlesen

Nennt mich ruhig behindert, aber haltet mich nicht für blöd“

Maria Hanisch, leitet im Geschäftsfeld Alter und Pflege die Stabsstelle Ethik, Seelsorge und gesundheitliche Versorgungsplanung

Mit diesem Slogan einer Postkartenaktion fordert der DPWV seine Mitglieder auf gegen das neue Bundesteilhabegesetz der Bundesregierung zu protestieren. Auch der Bundesverband der Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie (CBP) gibt zum Vorhaben der Regierung folgende Stellungnahme ab:

Die Ziele der Bundesregierung
– Das Bundesteilhabegesetz ist in der 18. Legislaturperiode der Bundesrepublik Deutschland eines der großen sozialpolitischen Gesetzesvorhaben der Bundesregierung und soll ab dem 1.1.2017 in einem ersten Schritt in Kraft treten.
– Das Neunte Sozialgesetzbuch (SGB IX) wird dazu novelliert und die „Eingliederungshilfe“ – als das entscheidende Leistungspaket für Menschen mit Behinderung – aus dem Zwölften Sozialgesetzbuch (SGB XII) in das Neunte Sozialgesetzbuch überführt. Menschen mit Behinderung sollen nicht mehr länger nach dem „Fürsorgeparadigma“ behandelt werden.
– Mit dem Gesetz will die Bundesregierung die Ziele der UN-Behindertenrechtskonvention (seit 2009 in Deutschland in Kraft) umsetzen.
– Das Gesetz soll die Unterstützungsleistungen für viele Menschen mit Behinderung verändern. Von großen Veränderungen sind u.a. rund 200.000 Menschen mit Behinderung betroffen, die heute in Einrichtungen der Eingliederungshilfe leben.
– Für Beschäftigte in Werkstätten für Menschen mit Behinderung (derzeit ca. 300.000) soll es stärkere Anreize zum Wechsel auf den allgemeinen Arbeitsmarkt geben.
– Die Leistungen sollen sich an den Bedarfen der einzelnen Person und nicht am Ort der Leistung orientieren (Stichwort: Personenzentrierung).
– Die bisherigen Komplexleistungen (Unterkunft/Verpflegung und Betreuung) der Eingliederungshilfe in stationären Settings nach SGB XII werden aufgeteilt in Leistungen der Grundsicherung und in Leistungen der Teilhabe.
– Für Menschen mit Behinderung im häuslichen Umfeld, die einen Pflegebedarf haben, sollen die Leistungen der Pflegeversicherung vorrangig beansprucht werden.
– Mit dem Gesetz will die Bundesregierung die Ausgabendynamik bei den Kosten der Eingliederungshilfe deutlich bremsen. Die Eingliederungshilfe ist aktuell innerhalb der Sozialhilfe der größte Kostenfaktor mit derzeit rund 800.000 Leistungsempfängern und jährlich Nettoausgaben in Höhe von 15 Mrd. €.

Kritik des CBP am Gesetzesentwurf
– Das Gesetz wird die Teilhabechancen von vielen Menschen mit Behinderung und mit psychischen Erkrankungen, insbesondere mit Schwerst- und Mehrfachbehinderung kaum verbessern, Weiterlesen

Wer behindert hier wen?

Maria Hanisch, leitet im Geschäftsfeld Alter und Pflege die Stabsstelle Ethik, Seelsorge und gesundheitliche Versorgungsplanung

Sind Sie in den letzten Tagen oder Wochen mit den öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs gewesen? Es kann sein, dass dies in ihren Alltag dazu gehört!
Dann möchte ich Sie mal bitten, fahren Sie mal mit Bus und Bahn mit den Augen von Menschen die körperliche Einschränkungen haben, die auf z.B. einen Rollator oder einen Rollstuhl angewiesen sind oder ein Elektromobil.
Dabei werden Sie schnell feststellen, dass es eine große Herausforderung ist und einer guten Organisation bedarf um das Ziel zu erreichen.
Das Hochflursystem der Kölner Stadtbahn und somit auch die neu gebaute Nord-Süd U-Bahn ist wenn überhaupt nur sehr eingeschränkt nutzbar. Ein Höhenunterschied von bis zu 12cm zum Bahnsteig und Fahrzeug stellt ein erhebliches Hindernis dar. Menschen, die ein E-Scooter benutzen werden seit November 2014 gar nicht mehr befördert, weil die KVB sich rechtlich nicht genügend abgesichert sieht, falls etwas passiert. Dabei ist es in Köln noch nie zu einem Zwischenfall mit E-Scootern in der KVB gekommen.
Auch ältere Menschen mit Rollatoren oder Gehhilfen haben oft Not, schnell nach dem Einstieg in eine Bahn, einen sicheren Platz zu bekommen, um nicht durch das zügige Anfahren einen Sturz zu riskieren. 2015 ist es bei 300 Menschen in Bussen und Bahnen zu stürzen gekommen.

Ich frage:
Kann es sein, dass die Kölner Verkehrsbetriebe sich der Herausforderung einer Inklusiven Stadtgesellschaft nicht stellt und die Mobilität von Menschen mit Behinderungen verhindert?
Kann das sein, dass dies einfach so geschieht und wir alle schauen nur zu?

Der Arbeitskreis barrierefreies Köln bittet uns sein Anliegen zu unterstützen unter www.barrierefreiesköln.de

Folgende Forderungen stellt der Arbeitskreis an die KVB:

– Beginnen Sie unverzüglich mit dem Umbau Ihrer Hochflurbahnen, damit in absehbarer Zukunft ein barrierefreier Zugang auch für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen möglich ist.
– Heben Sie das Mitnahmeverbot für Elektromobile (E-Scooter) in Stadtbahnen und Bussen sofort auf.
– Verlängern Sie die Türöffnungs- und Haltezeiten so, dass auch gehbehinderte und ältere Menschen einen sicheren Sitzplatz finden können.
– Beschleunigen Sie den barrierefreien Umbau der verbliebenen Haltstellen, um wenigstens theoretisch das Ziel eines barrierefreien ÖPNV bis 2022 zu schaffen.

Modernes Teilhaberecht oder doch nur Sparmodell?

Seit letzter Woche liegt der lange angekündigte Referentenentwurf zum Bundesteilhabegesetz vor, der am 24.05. dann erstmals im Bundestag beraten wird.

Nach einem aufwändigen Beteiligungsverfahren über Partei- und Verbandsgrenzen hinaus, scheint wenig übrig geblieben zu sein, von den großen Ideen wie einem Teilhabegeld für alle Menschen mit Behinderungen, klaren Abgrenzungen zwischen unterschiedlichen Versorgungssystemen wie Eingliederungshilfe, Pflege, Jugendhilfe.

Sieht das Bundesministerium für Arbeit und Soziales in dem Gesetz viele Verbesserungen für die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen und die Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe zu einem modernen Teilhaberecht, 

so sehe ich

  • dass Menschen mit Behinderungen zwar zukünftig ein bisschen Vermögen ansparen dürfen und mehr von ihrem Einkommen behalten dürfen, die Eingliederungshilfe aber trotzdem weiterhin eine nachrangige steuerfinanzierte Sozialhilfeleistung bleibt und kein echter konsequenter vermögensunabhängiger Nachteilsausgleich,

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