„Wir brauchen eine konstruktive Asylpolitik, eine Bezahlkarte ist diskriminierend“

Der Caritasverband für die Stadt Köln kritisiert den Beschluss der Bund-Länder-Vertreter*innen vom 31. Januar zur Einführung einer Bezahlkarte für Asylbewerber*innen. Wir haben uns bei den Experten der Caritas Köln umgehört und diese Stimmen eingefangen:

Peter Krücker, Vorstandssprecher:

„Wir lehnen die Bezahlkarte ab. Ein solches Verfahren ist diskriminierend und unterstützt keinen Integrationsprozess. Geflüchtete können so an jeder Supermarktkasse als Asylbewerber*innen identifiziert werden. Das ist unwürdig und schafft kein Vertrauen in unser Land, im Gegenteil: So ist es ein Instrument zur Drangsalierung. Die Etablierung der Karte und die regelmäßige Buchung von Guthaben auf die Karte verdoppeln den bestehenden Verwaltungsaufwand. Zudem ist schon jetzt absehbar, dass mit der Karte nicht überall bezahlt

werden kann. Wie erhalten die bedürftigen Menschen dann die Hilfe, die sie benötigen? Wir brauchen eine konstruktive Asylpolitik, die das Ankommen und die Integration der geflüchteten Menschen erleichtert und ihre Würde erhält.“

Susanne Rabe-Rahman, Leitung Perspektivberatung für Geflüchtete

„Wir werden auf jeden Fall zum Widerspruch gegen eingeschränkte Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz inkl. des neuen Modells der „Bezahlkarte“ aufrufen. Wir hatten das in ähnlicher, etwas „altmodischerer“ Form schon mal in Köln – und viele Geflüchtete sind daran gescheitert, weil Geschäfte das Zahlmittel entweder gar nicht oder nicht für alle Waren annahmen.

Außerdem: Wie können Geflüchtete in Zukunft für rechtlichen Beistand sparen, den sie im Hinblick auf unfaire Asylrechtsentscheidungen in Anspruch nehmen wollen?

Und wenn sie 50€ im Monat an die Eltern oder Kinder im Ausland weiterleiten, damit diese nicht verhungern müssen – was ist so schlimm daran?

Wir wollen doch „sparen“ – warum dann die Ungleichbehandlung fördern und die Kosten hierfür immer weiter ansteigen lassen – nicht nur an den EU-Außengrenzen? Und damit soll „Migration“ gesteuert werden? Das erhöht nur die Steuern der Steuerzahlenden.“

Tim Westerholt, Leitung Leitungsbereich Integration und Beratung

„Bezahlkarten sind aus vielen Gründen abzulehnen und ein vergleichbares System ist nicht ohne Grund bereits in den 90er Jahren einmal eingeführt und wieder abgeschafft worden. Neben den erheblichen zusätzlichen finanziellen und organisatorischen Belastungen für die Kommune (und immerhin hat der Bund zügig signalisiert, keinerlei Kosten für die Einführung einer solchen Karte zu übernehmen), sind es vor allem humanitäre Gründe, die zu einer Ablehnung führen.

Eine Bezahlkarte zwingt Schutzsuchende in aller Öffentlichkeit (etwa an der Supermarktkasse, oder die Kinder beim Schulfest), ihren Status kundzutun. Sie verhindert ein selbstverantwortliches Handeln und reduziert hierdurch das Recht auf finanzielle Selbstbestimmung. Die Finanzierung juristischer Unterstützung wird hierdurch erschwert, ebenso wie die oftmals geleistete lebensnotwendige Unterstützung von hinterbliebenen Verwandten im Krisenstaat. Weiterhin führt sie zu peinlichen Situationen, wenn die finanzielle Transaktion nicht klappt, die Karte nicht anerkannt wird und gleichzeitig noch keine Sprachkenntnisse vorhanden sind, die Situation zu erklären. Vorteile sind kaum zu sehen und es verbleibt die Vermutung, dass die Karte lediglich eingeführt wird, um seitens der Bundesregierung zu suggerieren, eine vermeintlich „außer Kontrolle“ geratene Geflüchtetensituation durch mehr Bürokratie kontrollierbar zu machen.“

Jugendbüro Meschenich gerettet!!!

Lange mussten wir Zittern!!!

Im November hieß es: 6 von 12 Kölner Jugendbüros sollen geschlossen werden, u.a. das Jugendbüro der Caritas am Kölnberg – die Verbleibenden in ihrem Angebot gekürzt. Die Maßnahme ‚Kölner Jugendbüros‘ wird im Auftrag des Jobcenters durchgeführt und bildet ein wichtiges Bindeglied zwischen Jugendlichen / jungen Erwachsenen und den händeringend nach Azubis oder Arbeitskräften suchenden Betrieben. Hoffnung brachte die jüngste Haushaltsbereinigungssitzung, Anfang Dezember. Dort wurde beschlossen, dass der Etat doch nicht wie erwartet reduziert werden soll. Die Entscheidung musste aber noch vom Bundesrat bestätigt werden. Jetzt endlich (am 18.12.) kam die erlösende Nachricht, dass alle Kölner Jugendbüros geretten werden können, z.T. mit 70% statt 100% Auslastung. Nach wochenlangem Hin & Her muss sich diese frohe Kunde erstmal bei allen Beteiligten setzen. 

 

Ein Kommentar von Gernot Schroer, Mitarbeiter Jugendbüro Kölnberg

Ausgerechnet in Zeiten des Fachkräftemangels sollte genau diese wichtige Schnittstellenarbeit der unklaren Finanzierungssituation zum Opfer fallen. Unverständlich und nicht nachvollziehbar. Denn: für das Jobcenter rechnet sich die Maßnahme, fallen doch alle vermittelten Teilnehmer entweder teilweise oder sogar ganz aus dem Leistungsbezug heraus. Und aus Sicht der Teilnehmenden geht es bei der Berufswahl und -entscheidung nicht nur um Geld, sondern auch um individuelle Perspektive und Persönlichkeitsentwicklung.

Zudem arbeiten alle Jugendbüros in den sogenannten sozialen Brennpunkten der Stadt und leisten damit eine wichtige Stadtteilarbeit im Kampf gegen Jugendarbeits- und -perspektivlosigkeit.

So auch das Jugendbüro am Kölnberg in Meschenich. Ursprünglich als Jugendbüro Südstadt im Jugendzentrum GOT Elsaßstraße verortet, dann für kurze Zeit am Waidmarkt, ist es auf ausdrücklichen Wunsch des Jobcenters 2018 an den Kölnberg umgezogen. Vor dem Hintergrund des Bedarfs am Kölnberg durchaus verständlich und mit dem Vorteil des kurzen Weges für die Teilnehmenden verbunden. Eint doch alle Meschenicher Jugendlichen das Problem des weiten Anfahrtsweges, egal wohin es in die Stadt geht – und gerade auch – wenn dann endlich gefunden – zum Ausbildungs- oder Arbeitsplatz.

Die unterstützende Beratung der Jugendbüros ist immer Hilfe zur Selbsthilfe. Die Beratung dient der Verselbstständigung des/der Einzelnen. Konkret: Bewerbungsunterlagen werden erstellt oder optimiert, die später nur aktualisiert werden müssen. Notwendige Ressourcen (Laptop, Internetzugang, Scanner, Kopierer u.a.m.,) werden vom Büro gestellt. In Trainings werden die Teilnehmer gezielt auf Einstellungstests, Vorstellungsgespräche oder / und Assessment-Center vorbereitet. Weiß jemand noch gar nicht, wohin die Reise gehen soll, gehört die individuelle Berufsorientierung zum festen Bestandteil der Beratungstätigkeit. Für andere Problematiken übernimmt das Jugendbüro Lotsenfunktion und vermittelt an passende Beratungsstellen.

Vor diesem vielschichtigen Hintergrund hätte eine Schließung von Jugendbüros sozial wie auch rechnerisch keinen Sinn gemacht, zusätzlich wäre ein wichtiger Bestandteil des sozialen Lebens verloren gegangen.

Köln bleib sozial!

 

Das Problem mit dem Plastik!

Gastbeitrag von Mona Lachmann, Praktikantin im Vorstandsreferat

Wenn man durch Köln spaziert, sticht einem vieles ins Auge. Der Rhein, aus einem passenden Blickwinkel der Dom, Menschen, Bäume, Parks, Straßenbahnen, Geschäfte, Cafés und vieles mehr. Eine belebte Großstadt eben! Was aber auch ins Auge sticht: Müllreste, die auf der Straße liegen. In den meisten Fällen ist es Plastikmüll.

Dass Plastik als Einwegprodukt eine große Belastung für unsere Umwelt darstellt und die Meere damit belastet, ist längst kein Geheimnis mehr, es kursieren Videos von Meerestieren, die durch Plastikmüll geschädigt wurden.

Plastiktüten sind daher mittlerweile in den meisten Geschäften nicht mehr kostenlos verfügbar, in den sozialen Netzwerken wird zu ‚Clean Up‘-Aktionen aufgerufen, gibt immer mehr Unverpacktläden in Großstädten: Das Überdenken von unserem ganz persönlichen Plastikkonsum scheint also nicht nur überall propagiert und überfällig, sondern auch nach und nach in den Köpfen angekommen. Hier und dort hört man sogar davon, dass im Zuge der Fastenzeit auf Plastik verzichtet wird. Jedoch ist das, was wirklich zählt, wie viel am Ende von den neuen Gewohnheiten übrig bleibt, um langfristig eine Verbesserung zu erzielen.

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Wir wollen wohnen!

Gastbeitrag von Mona Lachmann, Praktikantin im Vorstandsreferat:

Wohnraumproblematik in Köln: Als Metropole und Universitätsstadt ist Köln attraktiv für Menschen jeglichen Alters. Bemerkbar macht sich dies in vielen Bereichen: Die Straßenbahnen sind voll, im Kernstadtgebiet sind Parkplätze Mangelware, es gibt wenig Pflegekräfte, wenig Kita-Plätze, kurzum: Die Stadt wächst stetig. Gleichzeitig ist Lage auf dem Immobilienmarkt zunehmend dramatisch. Wohnraum in Köln ist mehr als knapp, vielleicht haben Sie dies auch schon am eigenen Leib erfahren.

Wer in Köln eine Wohnung oder ein Zimmer finden will, muss Geduld und/oder einen großen Geldbeutel mitbringen, denn in Köln fehlen rund 60.000 Wohnungen. Weiterlesen

Luxus Wohnen: Kreative Lösungen und Solidarität sind gefragt

Der Wohnungsmarkt in den Metropolen explodiert. Schon lange gibt es keine bezahlbaren Wohnungen für Menschen, die der Caritasverband begleitet: Menschen mit Behinderungen, Psychisch Erkrankte, Alleinerziehende, alte Menschen mit kleinen Renten, Geflüchtete, – ganz zu schweigen von den rund 5000 Wohnungslosen in der Stadt, – sie alle haben keinerlei  Chancen, vernünftige Wohnungen zu finden. Längst werden auch schon die Menschen mit mittleren Einkommen, die Erzieher_innen, Sozialarbeiter_innen, Pflegekräfte bei der Wohnungssuche abgehängt. Der Wettbewerb  um Wohnungen nimmt groteske Züge an: Da werden Hochglanz-Bewerbungsmappen und Power-Point-Präsentationen mitgenommen, um sich von Mitbewerbern abzusetzen. Es fließt Geld für Wohnungsvermittlung, für die Übernahme von verbleibenden Möbeln in der Wohnung, die nur noch die Bezeichnung Sperrmüll verdienen, werden astronomische Summen verlangt. Wie immer, wenn etwas Mangelware und damit zu Luxus wird, gibt es Vermieter, die renditegierig sind und Notsituationen ausnutzen.

Dabei ist und bleibt Wohnen ein Menschenrecht und ist mehr als nur ein Dach über dem Kopf. Es bietet die Basis für Teilhabe am sozialen Leben, schafft Sicherheit und Entfaltungsmöglichkeiten. 

“Jeder Mensch braucht ein Zuhause”, lautet die Kampagne der Caritas in diesem Jahr (https://www.zuhause-fuer-jeden.de/). Überall in der Stadt, am Hauptbahnhof, am Flughafen, an viel befahrenen Straßen, sind jetzt die Kampagnenplakate in Köln zu sehen. 1 Million Wohnungen fehlen in Deutschland, in Köln sind es  60.000 Wohnungen, rechnet der Mieterverein hoch. Aber auch wenn es auf einmal einen Masterplan der Stadt geben würde und der Bau von Wohnraum erste Priorität hätte: Es kann keine schnellen Lösungen geben.

Wie geht es also weiter? Weiterlesen