Wohnst Du schon oder prüfen sie noch?

Maria Hanisch, leitet im Geschäftsfeld Alter und Pflege die Stabsstelle Ethik, Seelsorge und gesundheitliche Versorgungsplanung

Vier junge Männer entscheiden sich, eine Wohngemeinschaft zu gründen.

Vielleicht hätte jeder von ihnen auch gerne alleine gewohnt, aber so kann man sich die Ausstattungskosten teilen, kann sich gegenseitig beraten und unterstützen und findet vor allem leichter überhaupt eine bezahlbare Wohnung in Köln.
Tatsächlich kommt zeitnah ein Wohnungsangebot einer privaten Hausverwaltungsgesellschaft über eine 175 qm Wohnung in guter Lage.
Die Wohnung bietet alles was nötig ist; verfügt sogar schon über eine Küche, zwei Bäder, vier sehr große Einzelzimmer und ausreichend Platz, um z.B. mal gemeinsam zu Essen.
Zusätzlich gibt  es noch drei Balkone!

Aber dann:
Da es sich bei den potentiellen Mietern um Menschen mit einer geistigen Behinderung handelt, die trotz Vollzeitbeschäftigung in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen aufgrund der sozialgesetzlichen Zuordnung unter die Sozialhilferichtlinien fallen, ist alles dann doch viel, viel komplizierter!

Gemäß Vorgaben der Sozialhilfe dürfte die Wohnung für vier Personen max. 95 qm haben und 784 € kosten.

Zum Glück hat die Stadt Köln hier die Probleme am Wohnungsmarkt erkannt und ermöglicht Menschen mit Behinderungen als Wohngemeinschaft auch in größere und teurere Wohnungen zu ziehen, aber: Wer bezahlt, der bestellt!

„Gibt es einen Vorratsraum? Hat die Küche ausreichend Quadratmeter? Stehen jedem Mieter mindestens 3 Quadratmeter Gruppenraum zur Verfügung?…“

Und damit nicht genug: Dann kommt noch die Heimaufsicht ins Spiel und prüft, ob die Ambulante Wohngemeinschaft unter das Wohn- und Teilhabegesetz fällt.

„Wo ist der Dienstplan? Welche Qualifikation haben die Mitarbeiter? Können alle vier Mieter an die Waschmaschine, wenn jemand das Bad länger nutzt? Sind Miet- und Betreuungsvertrag unabhängig?…“

Ohne missverstanden werden zu wollen: Prüfungen im Sinne des Verbraucherschutzes, vernünftige Qualität für den höheren Mietpreis, der komplett vom Sozialamt getragen wird, bestmögliche Wohnbedingungen für Menschen mit Behinderungen und deren Absicherung, dass die Beendigung der Betreuung durch den Caritasverband nicht zum Verlust der Wohnung führt, sind durchweg lobenswerte und berechtigte Anliegen.

Solange bezahlbarer Wohnraum in Köln aber für unser Klienten nicht verfügbar ist, wir als Caritasverband das komplette Risiko des Mietausfalls, der Nachmietersuche, der möglichen Konflikte mit dem Hauptvermieter auf uns nehmen, fällt es mir oft schwer den bürokratischen Regulierungssinn mit meinem gesunden Menschenverstand und den fehlenden Optionen für unsere Klienten in Einklang zu bringen.

Vielleicht sollte Verbraucherschutz sich hier doch mehr am Normalen und Alltäglichen orientieren und im Sinne der Inklusion nicht ständig auf die vermeintlichen Besonderheiten der Menschen mit Behinderungen fokussiert sein!

Ich erinnere an die DCV-Kampagne 2011: Kein Mensch ist perfekt!
..und die meisten Wohnungen eben auch nicht!

Susanne Steltzer
Leistungsbereichsleitung Wohnen und Leben

 

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