Christliche Obergrenzen

Ein Gastbeitrag von Rainer Woelki, Erzbischof von Köln.

Eingestellt mit freundlicher Genehmigung der Pressestelle des Erzbistums Köln und des Domradios.

Dies hier ist eine Obergrenze. Wer hier schneller fährt, der gefährdet sich und andere und riskiert ein Bußgeld. Manche fordern Obergrenzen auch für Flüchtlinge, weil diese angeblich unsere christliche Kultur und unseren Wohlstand gefährden. Ich bin als Bischof nicht für die politische Bewertung von Obergrenzen zuständig – wohl aber für unsere christlicheBotschaft. Die ist in diesem Fall eindeutig. Gottes Wort fordert klar und deutlich eine Obergrenze: „Du sollst Deinen Nächsten lieben, wie dich selbst!“ Nicht mehr lieben – aber bitte auch nicht weniger.

Das bedeutet also: Wenn ich hier in Freiheit und Sicherheit lebe  – dann muss ich diesen Wunsch nach Freiheit und Sicherheit auch für die Menschen ermöglichen, die bei uns Schutz suchen. Wenn ich ein gutes Dach über dem Kopf habe und immer genügend zu essen, dann muss ich mich dafür einsetzen, dass das auch für Flüchtlinge gilt. Wenn ich will, dass meine Kinder zur Schule gehen, dann darf ich mich über Flüchtlingskinder in der Klasse meiner Kinder nicht aufregen.

Wer Christ sein will, für den gilt die Obergrenze: Den Nächsten lieben, wie sich selbst! Das ist auch für mich nicht immer einfach. Aber einfach zu sagen, das schaffe ich nicht, geht gar nicht. Den Nächsten zu lieben wie mich selbst, bedeutet ja nicht, dass ich mein letztes Hemd abgebe. Es reicht aber auch nicht, wenn ich nur die Hemden, die ich nicht mehr brauche, in einen Kleidercontainer der Caritas stopfe.  Bei der Obergrenze Nächstenliebe bleibe ich, bleiben vermutlich wir alle, viel zu oft unter unseren Möglichkeiten. Wir alle haben noch viel Luft nach oben. Wie wäre es, wenn wir gerade jetzt in der Fastenzeit mal versuchen, an unser Limit zu gehen?

Ihr Rainer Woelki

Erzbischof von Köln

Hier gehts zum Video: https://www.domradio.de/video/wort-des-bischofs-97

 

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