Queere Pflege im Alter in der Caritas Köln

Weithin sichtbar wehen Regenbogenfahnen vor den Caritas-Altenzentren in Ehrenfeld und Rodenkirchen. In diesen zwei von insgesamt sieben Pflegeeinrichtungen in Köln legt die Caritas einen besonderen Schwerpunkt auf queere Pflege. „Menschen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung ausgegrenzt wurden oder das nicht offen leben konnten, werden im Alter oft von schmerzhaften Erinnerungen eingeholt. In unseren Altenzentren leben viele queere Menschen. Die meisten scheuen sich aber immer noch, sich gegenüber Mitbewohner*innen zu offenbaren. Sie fürchten, erneut abgelehnt zu werden.“ sagt Ulrich Schwarz, Leiter Leistungsbereich Stationäre Pflege in der Caritas. Gemeinsam mit Kolleg*innen hat er einen Leitfaden „Queere Pflege im Alter“ (Link zum Nachlesen: https://bit.ly/3PKEe3L) erstellt, in dem Standards für alle Mitarbeitenden, Bewohner*innen, Angehörige und Interessierte nachzulesen sind und das bedingungslose Eintreten der Caritas für Vielfalt beschrieben ist. Als direkte Ansprechpartner*innen gibt es in den Altenzentren Diversitäts-Beauftragte für alle Themen und Fragen der Bewohner*innen und Angehörigen.

Eines der regelmäßigen Angebote ist ein „Senioren-Stammtisch für Queere und Freunde“ mit Filmen, Disco, Kunstausstellungen und Austausch. „Queere Menschen sollen bei uns in den Pflegeeinrichtungen einen sicheren Raum finden, in dem sie ohne Angst vor Diskriminierung ihr Leben gestalten und an der Gesellschaft teilhaben können.“ so Schwarz. „Und für alle in der Stadt sichtbar, haben wir uns für Menschenrechte und Vielfalt bei der diesjährigen CSD-Parade eingesetzt.“ 170 haupt- und ehrenamtliche Mitarbeitende aus der Pflege, Angehörige und Bewohner*innen der Altenzentren sind mitgegangen.

Auch Markus R. (79, Name geändert), der seit 4 Jahren im Rodenkirchener Altenzentrum St. Maternus lebt, war dabei: „Es war heiß und anstrengend, aber das waren liebe Leute, die uns zugejubelt haben. So viele Menschen habe ich noch nie gesehen.“
Er schätzt die verständnisvollen Gespräche, die er regelmäßig mit einem Mitarbeiter der Sozialen Betreuung im Altenzentrum führt. „Es tut mir gut, mit jemandem über meine Erinnerungen reden zu können. Ich muss nicht mehr verstecken, dass ich Beziehungen zu Männern hatte.“

Leonardo Martinez (89) Vorsitzender des Heimbeirats in St. Maternus begrüßt die „Queere Pflege“: „Die Regenbogenfahne, die Teilnahme am CSD, die Plakate zum Queeren Seniorenabend, all das hilft, dass sich die Menschen trauen und sich öffnen. Schließlich ist das hier ja eine Vorstufe, der Tod ist uns so nah. Da ist es wichtig, dass Wunden der Vergangenheit angesprochen werden und heilen können. Grundsätzlich funktioniert ein Zusammenleben im Altenzentrum nur mit sehr viel Toleranz, das ist für mich eine wichtige Grundlage.“

Ulrich Schwarz räumt ein, dass der eingeschlagene Weg, „Queere Pflege im Alter“, nicht allen in einem katholischen Wohlfahrtsverband wie der Caritas gefällt. „Es gibt natürlich auch konservative Menschen unter den Bewohner*innen und Mitarbeitenden, die sich bewusst für ein Haus der Caritas entschieden haben und Probleme im Umgang mit queeren Mitbewohner*innen haben. Wir haben gerade erst mit diesem Prozess angefangen, es braucht Zeit und Überzeugungsarbeit, um bei allen Verständnis zu wecken.“

Heute ist es wichtig, um gesellschaftliche Akzeptanz für „Queere Pflege im Alter“ zu werben. Das Klima wird rauer, homophobe Einstellungen und Hass-Kommentare haben nicht nur auf Social Media Konjunktur. Auch innerhalb der Kirche sorgt der Umgang mit queeren Menschen zu vielen Diskussionen und auch immer wieder für Schlagzeilen. Bereits seit vielen Jahren geht die Kölner Caritas mit ihrer offenen Haltung an die Öffentlichkeit. Die Broschüre „Wir leben Vielfalt“ (Link zur Broschüre: https://shorturl.at/ehDIU) macht eindeutig klar, dass alle Menschen als Mitarbeitende, Bewohner*innen, Klient*innen, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung und Herkunft in der Caritas willkommen sind. Bei der Bewegung #Out in Church, in der sich queere Mitarbeitende für eine Kirche ohne Angst einsetzen, war die Caritas unter den Erstunterzeichnenden.

Marianne Jürgens/Leitung Öffentlichkeitsarbeit

Wie bleibt die Pflege in Zukunft bezahlbar?

Der Spiegel berichtet in seiner online Ausgabe am 14.08.2019 über eine Initiative der großen Koalition in Berlin: „Nur Gutverdiener sollen für Eltern noch zahlen müssen. Wenn alte Menschen ins Pflegeheim müssen, aber den Eigenanteil nicht aufbringen können, müssen je nach Einkommen die Kinder bezahlen. Jetzt will die Koalition die Grenzen dafür deutlich anheben. Die Kommunen wehren sich. Kinder pflegebedürftiger Eltern sollen finanziell entlastet werden. Das sieht das Angehörigen-Entlastungsgesetz vor, das an diesem Mittwoch im Bundeskabinett beschlossen werden soll. Wenn das Geld des zu Pflegenden und die Mittel der Pflegeversicherung nicht reichen, können die Kinder für die Leistungen zur Kasse gebeten werden. Dies soll künftig aber erst ab einem Jahresbruttoeinkommen von 100.000 Euro möglich sein.“

Bereits im Oktober 2018 hatten die Fachverbände VKAD (Caritas) und DEVAP (Diakonie) ihr gemeinsames Impulspapier zur Weiterentwicklung der Pflegeversicherung mit Reformvorschlägen für Neuordnung der Pflegeversicherung vorgelegt. Hierbei ist der Vorschlag, die Pflegeversicherung ist so umzugestalten, dass die Betroffenen künftig nur einen fixen Sockelbetrag für ihre pflegebedingten Kosten zahlen. Die Höhe dieses Sockelbetrages ist politisch festzulegen und muss das Risiko der Sozialhilfebedürftigkeit deutlich mindern. Die darüber liegende, aufgrund von Personalkostensteigerungen wachsende Kostenspitze muss von der Pflegeversicherung getragen werden, womöglich mit einem Steuerzuschuss.

Beide Ansätze zeigen auf: Eine Verbesserung der Pflegesituation, mehr Personal, eine bessere Bezahlung in Pflegeberufen – alle diese drängenden Themen kosten am Ende mehr Geld. Wenn diese höheren Kosten aber nicht zu Lasten der Pflegebedürftigen und deren Angehöriger gehen sollen, dann ist es erforderlich, die Finanzierung der Pflege zu verändern.

Aktuell werden nur rund 1/3 der Pflegekosten über die Pflegeversicherung finanziert. Den Rest zahlen dann die Pflegebedürftigen selber, dessen Angehörige oder die Sozialhilfe.

Aber: Warum werden die Mittel für Pflege nur über die aus den Einkommen der Lohnempfänger finanziert? Warum werden nicht auch aus den Einkünften der Erträge aus Kapital und Vermietung Leistungen der Pflege finanziert? Eine Stärkung der Pflege erfordert Geld, ob aus weiteren Erhöhungen der Pflegeversicherungsbeiträge, oder aus einer Erhöhung der steuerfinanzierten kommunalen Sozialleistungen.

Die Not der Angehörigen – es mangelt an stationären Pflegeplätzen in NRW und besonders auch in Köln!

Am Wochenende berichtete das landespolitische Magazin “Westpol” im WDR über die zunehmende Problematik fehlender Plätze in stationären Pflegeeinrichtungen. Die Zahl der Pflegebedürftigen steigt stetig an, doch das Angebot wird immer knapper. Neue Pflegeeinrichtungen entstehen kaum, in den bestehenden Einrichtungen führt die Erhöhung der Einzelzimmerquote zu einer Reduzierung von vorhandenen Plätzen.

Alte Menschen werden vorwiegend zu Hause versorgt, auch bei Pflegebedürftigkeit. Doch wenn dies nicht mehr funktioniert, weil Angehörige überfordert sind, oder die Pflege zu intensiv und belastend wird, muss auch jedem Menschen die Pflege in einer Pflegeeinrichtung in der Nähe zu seinem bisherigen Umfeld ermöglicht werden. Leider ist dies in NRW und Köln nicht mehr so möglich!

“Natürlich kommen die hier andauernd und sagen, die Abschreibung ist zu lang!”, so Minister Laumann, der als Gesundheitsminister doch die Rahmenbedingungen für Pflege in NRW gestalten sollte. “Die”, das sind die Träger der Pflegeheime, also auch wir von der Caritas!

Und überhaupt seien die Investitionskosten in NRW mit die höchsten in Deutschland. So einfach ist das also für Herr Laumann!

Tatsächlich sieht die Situation so aus: Der Preis für eine gute Eigentumswohnung in Köln-Ehrenfeld liegt bei einer Fläche von 100 qm aktuell zwischen 300.000 und 400.000,- €.Der Bau eines Pflegeplatzes mit 53 qm pro Person kostet die Caritas Köln zwischen 120.000 und 130.000,- €, obwohl der Bau eines Pflegeheimes wesentlich höhere Anforderungen hat, als eben der einer Wohnung! Refinanziert werden pro Platz aber nur rund 100.000,- € der Baukosten. Den Rest steuert die Caritas aus Eigenmitteln bei. Das Grundstück wird im Übrigen gar nicht refinanziert.

Darum sollte die Politik hier die Rahmenbedingungen aktiv gestalten, sonst wird die Not der Angehörigen immer größer.

Link zum Beitrag Westpol: https://www1.wdr.de/mediathek/video/sendungen/westpol/video-die-not-der-angehoerigen-102.html

 

 

#FühlDichwohl #WirsetzenZeichen #ElisabethvonThüringen

Pflegenotstand, Personalmangel, schlechte Bezahlung in der Pflege…Das sind Schlagwörter, denen man schnell begegnet, wenn es um Pflegeberufe und Altenpflege geht.

Unsere Kolleginnen und Kollegen im Caritas-Altenzentrum Elisabeth-von-Thüringen wollen nicht nur meckern, sondern auch handeln. Darum haben Sie eine Kampagne gestartet, um für neue Mitarbeiter*innen zu werben. Sie sagen: „Die Arbeit in der Altenpflege ist anspruchsvoll und oft auch herausfordernd! Aber meine Arbeit ist wertvoll und sinnstiftend – und sie macht mir Spaß!” Und: “Die Bezahlung bei der Caritas stimmt – sie liegt deutlich über dem, was ich bei einem privaten Arbeitgeber oder vielen anderen Einrichtungen verdiene.“

Und so werden die Mitarbeiter*innen im Worringer Caritas-Altenzentrum Elisabeth-von-Thüringen-Haus selber aktiv: Sie verteilen Flyer und Aushänge, um neue Kollegen zu werben und es wurde ein Banner entworfen, das nun wechselnd an verschiedenen Stellen im Ort aushängen wird.

Die neue Kampagne zur Gewinnung neuer Mitarbeiter*innen in der Hauswirtschaft und Pflege ist am letzten Donnerstag mit einem Wohlfühltag für alle in unserem Caritas-Altenzentrum Elisabeth-von-Thüringen Haus gestartet.

Unter www.caritas-koeln-jobs.de findet man alle Stellenangebote. Und sie können auch mit einem Klick per facebook, E-Mail, whatsapp und Xing geteilt werden.

Super, dass unsere Kolleginnen und Kollegen selber aktiv werden! Und das zeigt, dass sie  von ihrem „Job“ überzeugt sind!

Start mit einem Mitarbeiter*innen-Wohlfühltag!

Kolleginnen und Kollegen werben für Ihren Arbeitsplatz!

„Die Politik der Bundesregierung ist ein Frontalangriff auf die ambulante Pflege“

Maria Hanisch, leitet im Geschäftsfeld Alter und Pflege die Stabsstelle Ethik, Seelsorge und gesundheitliche Versorgungsplanung

„Die Politik der Bundesregierung ist ein Frontalangriff auf die ambulante Pflege“ mit dieser Äußerung ist Professor Ronald Richter in diesen Tagen an die Öffentlichkeit getreten.
Richter kritisiert damit die pflegepolitische Weichenstellung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. Das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz sei ein Gesetz für Krankenhäuser. Die ambulante Pflege bleibt dabei außen vor. Die Stärkung von Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen führt  zu einer  weiteren Zuspitzung der Situation in der ambulanten Versorgung. Denn bei den vorhandenen Pflegekräften wird es allenfalls zu einer Umverteilung kommen. Der Markt an Pflegekräften ist leer und wenn noch mehr Menschen in stationären Einrichtungen arbeiten, bleibt die ambulante Versorgung  auf der Strecke. Das wiederum führt dazu, dass noch mehr Menschen in Krankenhäusern oder Altenpflegeeinrichtungen versorgt werden müssen. Ein unheilvoller Kreislauf.
Auch die Vereinigung der Arbeitnehmer und Rentner (ARU) kritisiert in einem offenen Brief, das neue Gesetz. Kritikpunkt ist vor allem, dass die Kosten einseitig von den gesetzlich Versicherten getragen werden müssen, obwohl alle Bürger*innen davon profitieren.
Im Brief heißt es: „Sie beteiligen erneut keine Politiker, Beamte, Selbstständige, Freiberufler und Künstler“, an den Kosten. An einer anderen Stelle: „Was hindert Sie daran, eine Grundpflegeversicherung für alle Bürger*innen, zu gleichen Bedingungen, einzuführen. Wer Zusatzleistungen haben will, der kann diese zusätzlich privat versichern. Es muss endlich Schluss sein mit all den Ausnahmeregelungen und der Benachteiligung derjenigen, die erst das Geld erarbeiten bzw. erarbeitet haben.“
Aus meiner Sicht gute Fragen und Anregungen!

Impressionen aus Holland!

Windmühlen, Tulpen, Käse…… das können typische Impressionen aus den Niederlanden sein. Ich hatte gestern die Möglichkeit das niederländische Demenzdorf De Hogeweyk zu besuchen. Dieses wurde und wird immer wieder in deutschen Medien hervorgehoben, wenn es um neue und andere Wege der stationären Pflege und Betreuung Demenzkranker geht.

Mir hat wirklich sehr gefallen, wie entspannt und ruhig die Atmosphäre dort ist. Tatsächlich wirkte das Ganze mit dem Zugang über eine zentrale Markthalle mit Cafe, Restaurant, Kneipe und Mini-Supermarkt für mich als ausflugserfahrener Familienvater eher wie ein Centerparc, als wie ein Altersheim.

Das Konzept folgt im Wesentlichen der Idee, dass ein demenzkranker Mensch in seiner eigenen Lebenswelt lebt. Die Ärzte, Krankenschwestern und Pfleger wollen die Erfahrung so real wie möglich für die Bewohner machen. So kaufen  die Betreuer mit Bewohnern im Supermarkt ein und die Bewohner assistieren dann beim Zubereiten und Kochen wie zu Hause. Die Wohnstile der Gruppen folgen der Lebenskultur der Biographie Ihrer Bewohner, und es wird versucht, den neuen Bewohner in eine für ihn passende Lebenswelt einziehen zu lassen. Die kann eine eher bürgerlich-intellektuelle, wie auch eine aus dem Arbeitermilieu sein, je nachdem, welche Umgebung für den Bewohner vertraut wirkt. Bewohner in jedem Haus haben ihr eigenes großes Schlafzimmer und teilen sich mit anderen Bewohnern Badezimmer, Wohnzimmer, Küche und Esszimmer. Das Leben läuft im Wesentlichen in diesen Hausgemeinschaften ab, wobei jeder Bewohner fast immer das Haus verlassen und sich in der Anlage frei bewegen kann. Die Mitarbeiter sind angehalten, die Realitäten des alten Menschen zu akzeptieren, statt zu korrigieren.

Insgesamt leben dort 152 Menschen in 24 Einheiten für 6-8 Personen.

Ich möchte jetzt nicht in eine Diskussion eintreten, ob ein solches Konzept richtig oder falsch ist, oder ob man hier nicht eine Scheinwelt wie im Film „die Truman-Show“ mit Jim Carrey aufbaut, oder auch nicht, ob die Holländer wie immer einfach viel innovativer und ideenreicher als wir Deutschen sind.

Auch in Holland ist De Hogeweyk nicht das übliche Konzept! Weiterlesen

Digitalisierung in der Pflege

Die Caritasverbände in NRW berichten in Ihrer aktuellen Ausgabe der Verbandszeitschrift “Caritas in NRW” über die Aktivitäten unseren Caritas-Altenzentrums in Sachen “Digitalisierung in der Pflege”. Dieser Bericht bietet einen guten Einblick in die Möglichkeiten der gezielten Nutzung von digitalen Medien in der Pflege. Eine 93-Jährige mit einer Virtual-Reality-Brille auf der Nase? Wirkt zunächst vielleicht ungewöhnlich und wirft Skepsis auf. In der Tat bietet sich aber gerade in der Betreuung und Pflege eine Chance zum gewinnbringenden Einsatz digitaler Medien.
Im Caritas-Altenzentrum St. Maternus der Caritas Köln gehört die Hightech-Brille zum Alltag der 117 Bewohner – genauso wie Tablets oder Computer-Spiele. Hier geht’s zur Reportage: http://t1p.de/0zaw

http://caritas.erzbistum-koeln.de/koeln-cv/pflege_senioren/caritas-altenzentren/caritas-altenzentrum_st_maternus/

Der neue Gesundheitsminister und die Altenpflege: eine Sammlung von Absichten ohne konkrete Lösungsansätze

Unser heutiger Blog ist geschrieben von Frau Sophia Kossa , Assistentin der Geschäftsfeldleitung

Der neue Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat umfassende Besserungen in der Altenpflege angekündigt. Nur wenige Stunden nach seiner Amtsübernahme spricht er beim Deutschen Pflegetag und nennt, was die Regierung laut Koalitionsvertrag für die Pflege tun will.
Es soll mehr Lohn, eine neue Ausbildungsoffensive, mehr Personal, mehr Anreize für Vollzeit geben und natürlich nicht zu vergessen die 8000 neuen Fachkraftstellen per Sofortprogramm. Schön und gut, aber neu ist das nicht!
Interessant wäre zu erfahren, wie steigende Lohnkosten finanziert werden sollen? Wo kommen das Personal und die Auszubildenden her? Was sind die Anreize für Vollzeitbeschäftigung? Und wie ergibt sich die Zahl von 8000?

Derzeit arbeiten eine Million Menschen in der Alten- und Krankenpflege. Das ist deutlich mehr als in der Automobilindustrie und der Bedarf steigt rapide. Aktuell können gut drei Viertel der offenen Stellen nicht mit Fachkräften besetzt werden. Daraus resultiert, dass höhere Standards und deutlich mehr Personal nur mit steigenden Mehrausgaben für die Pflege bezahlt werden können.
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz spricht davon, dass für eine bessere Pflege die Ausgaben um mindestens 500 Euro pro Monat für jeden Pflegefall steigen müssten. Bei momentanen 2,9 Millionen Pflegebedürftigen sind das keine Centbeträge!
Besonders vor dem Hintergrund, dass die gesetzliche Pflegeversicherung das vergangene Jahr erstmals seit 2007 mit einem Minus abgeschlossen hat, da 2,4 Milliarden Euro mehr ausgegeben wurden als eingenommen.
Deshalb stellt sich die Frage, wie sollen die Lohnerhöhungen finanziert werden?

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Alarm am Lebensabend

Maria Hanisch, leitet im Geschäftsfeld Alter und Pflege die Stabsstelle Ethik, Seelsorge und gesundheitliche Versorgungsplanung

Mit dieser Überschrift erschien in diesen Tagen ein Artikel in der Süddeutschen Zeitung, auch im Hinblick auf die Vereinbarungen zwischen CDU/CSU und SPD bei den Koalitionsverhandlungen in Berlin.
8000 zusätzliche Pflegekräfte soll es geben. Ich frage mich, wo sollen die denn herkommen? Es gibt ja schon jetzt keine mehr.
8000 Pflegekräfte für ganz Deutschland – wir allein in der Caritas könnten in jeder der 8 Sozialstationen, 2-3 Pflegekräfte wenn nicht mehr gebrauchen! Das sogenannte Pflege-Konzept, was die Koalitionspartner miteinander ausgearbeitet haben, ist kein Konzept, sondern allenfalls eine erste, schnelle Nothilfe! Weiterlesen

Stell Dir vor, du brauchst Pflege doch keiner kommt

Maria Hanisch, leitet im Geschäftsfeld Alter und Pflege die Stabsstelle Ethik, Seelsorge und gesundheitliche Versorgungsplanung

Haben Sie in den vergangenen Tagen die Fragen des jungen Krankenpflegers Alexander Jorde an Frau Merkel gehört bzw. davon gelesen? Das waren mutige Fragen und er hat mit seiner Einschätzung Recht.
Der Zustand der Kranken- und Altenpflege spitzt sich immer weiter zu. Das kann ich genau beobachten in der ambulanten Pflege. Wir sind in Köln mit der Versorgung von über 1600 Menschen täglich einer der großen Akteure im ambulanten Bereich. Immer häufiger können wir Anfragen von Pflegebedürftigen nicht mehr bedienen. Mitunter haben dann die Menschen schon viele Pflegedienste aufgerufen und kein Dienst kann Sie versorgen. Da spielen sich oft verzweifelte Notlagen ab. Längst können wir die Menschen, die wir noch versorgen, nicht mehr in ihrer gewünschten Zeit einplanen oder besondere Wünsche berücksichtigen, dazu fehlen uns vor allem genügend Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Das finde ich ausgesprochen tragisch und es tut den Pflegebedürftigen nicht gut, wenn Sie froh sein können überhaupt noch versorgt zu werden. Da greifen dann auch neue Gesetze nicht – denn mit dem Pflegestärkungsgesetz II sind gerade für die ambulante Versorgung gute Schritte gemacht worden. Menschen haben mehr Möglichkeiten, Leistungen für sich zu organisieren und auch steht Ihnen mehr Geld zur Verfügung. Was nutzt das aber, wenn keiner da ist, der die Leistungen erbringt. Ich selber komme aus der Pflege und ich bin wahrlich kein Mensch, der darauf steht nur ein Klagelied anzustimmen. Ich bin über 40 Jahre im Dienst, so dramatisch habe ich die Situation noch nicht erlebt. Frau Merkel, ich frage Sie in zwei Jahren, wir werden sehen ob sich da etwas getan hat. Leider bin ich nicht optimistisch und Frau Merkel, reden Sie nicht nur darüber, das Pflegekräfte vernünftig vergütet werden sollen, sorgen Sie bitte politisch dafür, dass die Ausbildung staatlich ausreichend finanziert wird und das Pflege nicht ständig unter dem Generalverdacht steht, falsch abzurechnen und schlechte Arbeit abzuliefern. Auch das trägt zum Image bei, damit junge Leute Lust haben, diesen Beruf zu ergreifen.